Apitherapie in der Hausarztpraxis

Apitherapie in der Hausarztpraxis, Bild Auschra
Apitherapie in der Hausarztpraxis, Bild Auschra

Dr. med. Winfried Winter ist als Facharzt für Allgemeinmedizin in Seligenstadt niedergelassen. Seine therapeutischen Schwerpunkte sind die Umweltmedizin, die Akupunktur – und die Apitherapie! Der Vizepräsident des Deutschen Apitherapie Bundes gab Ruth Auschra Einblicke in seinen Praxisalltag.

 

Wie lange arbeiten Sie schon mit Bienen und Bienenprodukten?

Dr. Winter: Seit 15 Jahren habe ich Bienen und seit acht Jahren betreibe ich Apitherapie. Zu den Bienen bin ich über meinen Vater gekommen, der war auch Imker. Die Imker wussten immer schon, wozu Bienen gut sind. Ich erinnere mich, dass ich als Kind von einer Biene gestochen wurde, als ich mit einem Nachbarn, der Imker war, Himbeeren pflückte. Der erzählte mir damals schon, dass Imker seltener Rheuma bekämen.

 

Und Sie bieten Ihren Patienten apitherapeutische Behandlungen an? Was machen Sie da genau?

Dr. Winter: Zum Beispiel gibt es ein Rezept für einen Hustensaft aus Lindenhonig, Süßholz und Thymian. Den mache ich nicht selbst, sondern lasse ihn von einem Apotheker herstellen. Ich finde ihn als Expektorans gerade für Kinder sehr geeignet. Zur Wundbehandlung setze ich Medihoney ein, zum Beispiel bei Druckgeschwüren oder einem offenem Bein. Oder auch bei Brustkrebspatientinnen, die bestrahlt werden müssen. Es ist ein guter Hautschutz, vor der Bestrahlung das Gebiet mit Medihoney einzureiben. Ich empfehle auch oft die vom Apotheker hergestellte Bienengiftsalbe oder –creme und zwar bei Patienten mit Arthrosen kleinerer Gelenke. Großflächig angewandt wäre diese Salbe zu stark. Ich sollte vielleicht erklären, dass ich seit 1984 mit Akupunktur arbeite und mehrere Jahre einen Lehrauftrag Akupunktur hatte. Ich wende inzwischen auch Apipunktur an. Natürlich nicht bei jedem Patienten, aber zum Beispiel bei Menschen, die unter schwerem Rheuma leiden. Dazu habe ich mein eigenes Konzept entwickelt. Zuerst setze ich eine Biene an einen bestimmten Akupunkturpunkt, Dickdarm 4, genauer gesagt. Ich lasse sie in diesen Punkt stechen und benutze anschließend ihren Stachel wie eine Akupukturnadel. Ich ziehe den Stachel ganz schnell heraus, wenn die Biene gestochen hat und stimuliere mit ihm anschließend weitere Punkte. Da unterscheide ich mich von vielen anderen Apitherapeuten, die eher quaddeln und nicht die Akupunkturpunkte nutzen.

 

Haben Sie keine Angst, dass Ihre Patienten einen anaphylaktischen Schock bekommen?

Dr. Winter: Nein. Vor der Bienenbehandlung muss sich jeder Patient allergologisch testen lassen. Nicht von mir, obwohl ich das könnte, sondern von einem unabhängigen Allergologen. Ich will einfach möglichst sicher sein, dass keine Allergie vorliegt. Komplett ausschließen kann man eine Schockreaktion aber nicht; ein Patient könnte auch während der Behandlung eine Allergie entwickeln. Dann muss ich als Arzt entsprechend notfallmäßig vorgehen. Ich selbst war jahrelang in der Anästhesie tätig und traue mir das richtige Handeln im Notfall zu. Aber das ist genau der Grund, weshalb ich finde, dass Apipunktur nicht in die Hände von Heilpraktikern oder gar Laien gehört. Wenn da mal etwas passiert, wäre das ein Fressen für die Medien und sehr schade für die Apitherapie.

 

Gab es bei Ihnen in der Praxis denn schon mal allergische Reaktionen auf Bienenprodukte?

Dr. Winter: Ich hatte eine Patientin mit schwerer Psoriasis-Arthritis, die leichte Reaktionen zeigte. Sie bestand aber darauf, die Behandlung trotzdem weiterzuführen. Unter den nötigen Vorsichtsmaßnahmen ging das auch gut. Sonst ist noch nie etwas passiert. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich nur 15 bis 20 Patienten pro Jahr mit Bienengift behandle. Allmählich steigt die Nachfrage, obwohl ich keine Werbung dafür mache.

 

Haben Sie eine Vorstellung davon, was da eigentlich wirkt?

Dr. Winter: Der körpereigene Cortisolhaushalt wird durch Akupunktur angehoben. Bienengift potenziert diese Wirkung. Ich setze es vor allem bei Patienten ein, die sehr wirksame Medikamente mit entsprechenden Nebenwirkungen benötigen. Durch die Therapie erholt sich der Körper ein bisschen, geheilt wird er nicht. Aber oft geht es diesen Patienten monatelang besser – und das ist ja auch schon etwas, oder? Apitherapie ist aber nicht nur etwas für schwer kranke Patienten, verstehen Sie mich nicht falsch.

 

Gibt es denn auch andere Krankheiten, bei denen Sie an die Apitherapie denken?

Dr. Winter: Ja, sicher. Zehnprozentige Propolis-Tinktur wirkt lokal angewandt sehr gut bei Herpes labialis oder zoster, also bei den typischen Lippenbläschen oder bei Gürtelrose. Deutlich besser als die üblichen Cremes aus der Apotheke! Gegen die Austrocknung der Lippen nimmt man zusätzlich einen normalen Wachslippenstift. Propolissalbe, die man auch von dem Apotheker herstellen lassen kann, hilft gut bei hartnäckigem Husten. Und Gelee royale für Krebspatienten kann man in Ampullenform in der Schweiz bestellen. Also nicht zur Heilung, sondern zwischen den Chemotherapie-Zyklen, um wieder auf die Beine zu kommen. Eine wunderbare Regeneration für den Körper! Gelee royale ist auch ein gutes Mittel gegen Wechseljahresbeschwerden wie nächtliches Schwitzen. Das wurde kürzlich in einer Studie bestätigt.

 

Ist die Apitherapie ein Allheilmittel?

Dr. Winter: Nein, sicher nicht. Ich setze die Apitherapie sehr gezielt ein, ich finde eine klare Indikationsstellung wichtig. Nicht alle Krankheiten sind mit Bienenprodukten behandelbar. Ich halte mich in der Praxis an das, was durch Studien belegt ist. Ich finde, Esoterik brauchen wir in der Apitherapie nicht.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Winter!

 

Foto: Dr. med. Winfried Winter (Foto: Auschra)

 

2 Kommentare

  1. Hallo, Herr Dr. Winter, ich bin PharmazieIngenieur und mein Mann betreibt eine HobbyImkerei. Ein 65jähriger Patient und Freund, der täglich Propolis hochdosiert einnimmt meint, dass sein Cholesterinwert durch das Propolis 6fach erhöht wäre. Ich kann es mir nicht vorstellen, möchte diese Feststellung als Frage an Die weitergeben.
    Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen!
    Mit allen guten Wünschen für 2018 grüßt Sie recht herzlich Silke Einenkel

  2. Sehr geehrter Herr Dr. Winter,
    an Ihre Person bin ich über den bad.Imkerbund gekommen.
    Bin 72 Jahre alt, und leide an “ essentieller Tremor „. Meine Frage und Bitte kann mit Apitherapie in meinem Fall geholfen werden und von wem ?
    Besten Dank für eine Rückantwort,
    Josef Eckenfels

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