Apitherapie in der Unani-Medizin

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Bild: Auschra, Allgemeinmediziner M. Adam referiert über die interessante Unani-Medizin

Mohamad Adam hielt im Rahmen des 5. Symposiums der Apitherapie am 7./8. November in Berlin einen hoch interessanten Vortrag. Der Allgemeinmediziner aus Dortmund stellte die Rolle der Bienenprodukte in der arabischen Medizin dar. Bevor er auf sein eigentliches Thema kam, gab er einen Überblick über die historische Entwicklung der Medizin. Speziell ging es ihm um die graeco-arabische Medizin, die auch als Unani-Medizin (Unani = arabisches Wort für „griechisch“) bezeichnet wird. Sie erinnert an die Ayurveda-Medizin und wird oft auch als klassische arabische Medizin bezeichnet.

Entstanden ist sie im frühen Mittelalter, als die Moslems damit begannen, medizinisches Wissen aus der griechischen Antike zu übersetzen und weiterzuentwickeln. Wer den Medico gelesen hat, wird sich zum Beispiel an die Beschreibung des persischen Gelehrten Ibn Sina erinnern. Sein wichtigstes medizinisches Lehrbuch ist der „Kanon der Medizin“.

Das Umfeld verändern?

Die Unani-Medizin räumte dem Umfeld des Kranken einen anderen Stellenwert ein als das in Europa üblich ist. Bei der Suche nach der besten Therapie suchte man nicht so sehr nach einer bestimmten Medizin, sondern auch nach dem richtigen, gesunden Umfeld zur Unterstützung der Gesundheit dieses Patienten. Dieses Prinzip wurde nicht nur individuell angewandt. Es kam auch zur Geltung, wenn es zum Beispiel darum ging, den idealen Platz für ein Krankenhaus zu finden. Adam beschreibt das Vorgehen folgendermaßen. Es wurde ein Stück Fleisch in Stücke zerteilt, die man an verschiedenen Plätzen der Stadt auslegte. In den nächsten Tagen wurde kontrolliert, welches Fleischstück am längsten frisch geblieben war. Dort baute man die Klinik!

Das Milieu wird als universell gültiges Prinzip angesehen: Sorge für ein gesundes Umfeld, dann wird der Mensch gesund.

Die Wirklichkeit bei uns sieht anders aus. Unsere Umgebung ist nicht wirklich gesund oder gesundheitsfördernd. Stress ist so ein Beispiel: Bei Bedrohung würde der Mensch am liebsten kämpfen oder flüchten, weshalb es angebracht ist, auf Stress mit steigendem Blutdruck zu reagieren. Stress ist im heutigen Alltag jedoch der Normalzustand, vor dem wir nicht flüchten können. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Situation werden sich auch durch Apitherapie alleine nicht heilen lassen.

Und doch braucht jedes Lebewesen sein individuell passendes Umfeld. Adam erinnert an die Pflanzenwelt. Jeder Blumenfreund weiß, dass manche den Schatten brauchen und andere die pralle Sonne. „Wir sind auch nur ein Teil der Natur“, erklärt er und rät dazu, sich ein individuell passendes gesundes Umfeld auszusuchen. Die Wichtigkeit eines gesunden Umfeldes gilt natürlich auch für Bienen: Wenn wir sie so leben lassen, wie es ihrer Natur entspricht, wird es den Bienen gut gehen. „Weisheit bedeutet, die Balance zu halten“, erklärt Adam freundlich.

Grundsätze der Unani-Medizin

Die Unani-Medizin kennt mehrere Prinzipien. Vier Qualitäten beschreiben jede Substanz und jedes Ding: warm, trocken, feucht oder kalt. Diese Eigenschaften gehören zu den Elementen Feuer, Erde, Wasser oder Luft. Lebewesen haben unterschiedliche Temperamente mit in die Wiege gelegt bekommen.

In seinem Vortrag beschrieb Adam die Charakterzüge von Sanguiniker, Choleriker, Phlegmatiker und Melancholiker an Hand von Medienstars wie Ernie und Bert, Willi und Biene Maja oder auch Dr. House. Das Publikum lachte, die Botschaft war klar. Jeder Mensch hat dieser Lehre folgend dominierende Temperamente, Eigenschaften und Körperflüssigkeiten. Die zentrale Aufgabe des Unani-Arztes ist es, herauszufinden, welchen Menschentyp der individuelle Patient verkörpert.

Unani-Medizin: wann Honig, wann Wachs?

Die Unani-Medizin kennt vier Methoden der Behandlung: Ernährung, Arznei, Anwendung und Operationen. Jeder weiß, dass die Art des Essens beim Menschen etwas bewirkt. Zum Beispiel erwärmt uns Chili, während Eis abkühlt. „Diese Wirkungen sind zwar nicht evidenzbasiert, aber es gibt sie trotzdem“, erklärte Adam. Die Ernährung muss sich je nach Charakter des Menschen unterscheiden.

Das klingt ungewohnt für uns, aber er erinnert daran, dass das Wissen der Unani-Medizin in den letzten 5.000 Jahren Medizingeschichte entwickelt wurde. Dagegen ist unsere heutige Strategie, jedem Kranken mit einem bestimmten Symptom das gleiche Medikament zu empfehlen, erst gute 100 Jahre alt. Dasselbe gilt für die Empfehlung, dass jeder Mensch 2l Flüssigkeit pro Tag trinken müsse.

Hydromel, Oxymel und Rosenhonig

Unani-Arzneimittel können fest, halbfest oder flüssig sein. Die vorgestellten Honiganwendungen sind ungewöhnlich. Ein Beispiel für ein flüssiges Arzneimittel ist Hydromel. Es entsteht, wenn man 1 Teil Wabenhonig mischt mit 2 Teilen Quellwasser und die Mischung in der Sonne stehen lässt oder vorsichtig kocht. Dieser Sirup wird in der Unani-Medizin als Aufbaumittel, bei Magenschmerzen oder Husten empfohlen.

Ganz anders wird der Sauerhonig eingesetzt, der auch als Oxymel bezeichnet wird. Seine Einsatzgebiete sind zum Beispiel Ischias, Epilepsie, Gastritis, Gliederschmerzen oder Opiumvergiftung. Um ihn herzustellen, muss man 2kg Essig, 800g Salz, 4kg Honig und 2l Wasser vermischen und am „gelinden Feuer“ so lange kochen, dass er zehn Mal aufgekocht ist. Erst dann wird er heruntergenommen, abgekühlt und aufbewahrt.

Um Rosenhonig herzustellen, benötigt man rote gereinigte Rosen, die man „auf einem reinen Kleid so lange ausbreitet, bis sich die Feuchtigkeit auf denselben verflüchtigt hat“. Man zerreibt sie zwischen den Händen und legt sie in ein gläsernes Gefäß, wo sie mit abgeschäumtem Honig vermischt werden. Das Gefäß stellt man 40 Tage lang in die Sonne, mischt es morgens und abends durch und kann es nach sechs Monaten Aufbewahrung anwenden.

Honig gilt in der Unani-Medizin als warm und trocken, ähnlich eingestuft wie Rindfleisch oder Kaffee. Er kann gegen Akne und Geschwüre, gegen Ohr- und Mandelentzündungen oder gegen Kopfläuse eingesetzt werden. „Aber Honig wurde vor 1000 Jahren nicht für den Supermarkt hergestellt“, erinnert er, „sondern es war Wabenhonig“. Im Honig war also immer auch ein bisschen Wachs enthalten.

Bienenwachs in der Unani-Medizin

Das Temperament von Bienenwachs ist ausgeglichen, warm und feucht, erweicht Schwellungen und Nerven, ist eine gute Grundlage für Salben und für warme oder kalte Auflagen. Es hilft bei Vergiftungen, Milchstau und Gastritis, um nur einige Beispiele der Apitherapie im Rahmen der Unani-Medizin zu nennen.

Die große Bedeutung der Honigbienen in der arabischen Medizin lässt sich auch daran ablesen, dass sich zwei Suren des Koran mit den Bienen beschäftigen: „Und dein Herr hat der Biene eingegeben: „Baue dir Häuser in den Bergen und in den Bäumen und in dem, was sie errichten. Dann iß von allen Früchten und folge den Wegen deines Herrn, (die Er dir) leicht gemacht hat.“ Aus ihren Leibern kommt ein Trank, mannigfach an Farbe/Art. Darin liegt ein Heilmittel für die Menschen. Wahrlich, hierin ist ein Zeichen für Leute, die nachdenken.“

 

Foto Mohamad Adam (Quelle: Auschra)

 

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