Eine Nacht lang Bienenstockluft

Bienenstockluftinhalation im Bienenwagen

Der Therapie-Bienenwagen von Elke Melchger macht es möglich, die ganze Nacht fast wie direkt im Bienenstock zu schlafen. Sie beschreibt Ruth Auschra den Schäferwagen, der jede Menge Besonderheiten besitzt.

 

Frau Melchger, Sie bieten eine Art Bienenstockluft an. Was sind die Besonderheiten?

Melchger: Die Bienenstockluft gibt es bei uns nicht über ein Inhaliergerät, sondern die Luft aus dem Bienenstock verteilt sich passiv im ganzen Schäferwagen. Die Bienen haben Ausfluglöcher nach draußen an die frische Luft. Die Bienenstöcke sind so mit dem Schäferwagen verbunden und so konzipiert, dass sich die Luft aus dem Bienenraum in dem Innenraum des Wagens verteilt. Man kann also beim Schlafen inhalieren und die Bienenstockluft die ganze Nacht über genießen.

Elke Melchger
Elke Melchger

 

Moment, noch mal. Wie kommt die Luft aus den Bienenstöcken in den Wagen? Oder vielleicht erstmal noch einfacher: Was ist das für ein Wagen?

Melchger: Ich weiß nicht, ob Sie sich unter einem Schäferwagen etwas vorstellen können. Ein hölzerner Bauwagen, in dem normalerweise Platz für ein Bett und einen Tisch ist. Die Schäfer haben solche Wagen früher benutzt, wenn sie bei ihrer Herde übernachten mussten. Es gibt bei uns ein Schäferwagenhotel mit mehreren solchen Wagen. Das ist einfach eine naturnahe Übernachtungsmöglichkeit im Grünen. Wir haben diese Idee weiterentwickelt und einen Schäferwagen bauen lassen, in den mehrere Bienenstöcke integriert sind.

 

Das heißt, die Bienenbeuten sind direkt im Wagen, aber die Bienen können nicht in den Wagen hineinfliegen, sondern nur hinaus oder?

Melchger: Genau! Die Bienenkästen stehen in einem separaten Bereich, der durch ein Gitter vom Schlafbereich getrennt ist. Durch dieses Gitter kommt die gute Luft in den Schäferwagen, aber die Bienen natürlich nicht. Auch an der Türe gibt es einen insektendichten Vorhang, der das Einfliegen von Bienen verhindert.

 

Wie ist es, da zu schlafen? Haben Sie das schon mal ausprobiert?

Melchger (lacht): Ja, das habe ich selbst schon probiert! Ich finde die Bienen überraschend laut, aber das Summen ist gleichzeitig total beruhigend. Und dazu kommt dieser spezielle Geruch nach Wachs und Bienen.

 

Warum ist der Therapiewagen besser als die normale Bienenstockluft mit einem Schlauch?

Wohlfühlen im Bienenwagen
Wohlfühlen im Bienenwagen

Melchger: Das ist etwas ganz anderes. Die Leute schalten hier allmählich ab und entspannen sich. Das kann man mit einer 20-minütigen Inhalation nicht vergleichen. Zudem kommt durch die lange Wirkdauer ein nachhaltiger Effekt zustande. Im Therapiewagen kann man also Erholung und Gesundheit kombinieren. Das ist die Besonderheit, finde ich.

 

Haben Sie schon Anmeldungen? Und wer interessiert sich überhaupt für das Übernachten in dem Therapiewagen?

Melchger: Wir haben schon Anmeldungen und auch sehr viele Interessenten, die aber noch keinen genauen Termin ausgemacht haben. Manche der Interessenten sind über 100 km weit zu uns gefahren, um den Wagen zu sehen! Zur Bienenstockluftinhalation kommen zu uns zum Beispiel Menschen, die eine Auszeit brauchen, Stichwort ‚Burnout’ und Pollenallergiker.

 

Für wen ist speziell der Therapiewagen gedacht?

Melchger: Hauptsächlich ist der Wagen für Menschen mit Atemwegsproblemen oder entzündeten Nasennebenhöhlen gedacht. Aber auch zur Immunstärkung, z.B. nach Chemotherapie, oder bei Migräne ist ein Besuch sinnvoll. Ich hatte selbst mal einen Migräneanfall, konnte mich aber nicht hinlegen, weil ich noch zu den Bienen musste. Nach einer Stunde Arbeit an den Bienenstöcken waren die Kopfschmerzen verschwunden. Durch die Arbeit an den offenen Bienenstöcken hatte ich quasi auch eine Stocklufttherapie.

 

Woher stammt dieser Wagen?

Melchger: Der ist nach unseren Wünschen für uns speziell so gebaut worden. Ich bin ja Heilpraktikerin und Inhaberin des Wildberger Kräuterhäusles. Und um auf Märkten meine Ware zu verkaufen, habe ich seit ein paar Jahren einen Schäferwagen. So kamen wir auf die Idee, für den Bienenwagen auch einen Schäferwagen bauen zu lassen. Wir haben dann lange mit dem Hersteller herumgetüftelt, bis die Konstruktion optimal war. Es soll ja nicht nur den Menschen im Schäferwagen gut gehen, sondern auch den Bienen.

 

Ist es für die Bienen nicht stressig, wenn sie durch die Öffnungen Zugluft bekommen?

Melchger: Die Türen des Schäferwagens sollten trotz Vorhang möglichst geschlossen bleiben. So haben die Bienen keine Zugluft und die Gäste viel gute Stockluft. Die Übernachtungsgäste bekommen eine Infomappe über das Verhalten im Bienenwagen, da steht das drin und meine Telefonnummer, damit sie im Notfall anrufen können, wenn irgendetwas, zum Beispiel mit den Bienen, sein sollte. Wir sind dann sofort hier.

 

Wo steht der Wagen überhaupt?

Melchger: In Wildberg, am Rande des Schwarzwaldes, beim Schäferwagenhotel. Mehrere Schäferwagen – das Schäferwagenhotel – stehen hier im Grünen direkt an der Nagold und sind an den Campingplatz angeschlossen.

 

Wie ist der Wagen innen eingerichtet?

Melchger: Es gibt eine Sitzecke mit einem Tisch und Stauraum für mitgebrachte Sachen. Den Tisch kann man wegklappen und die Sitzecke zu zwei Betten umgestalten. Der Raum ist groß genug für zwei Personen. Ein Kind könnte aber auch noch mit übernachten. Für kleine Unfälle gibt es einen Erste-Hilfe-Kasten mit Notfallhandy. Für Selbstversorger stellen wir einen Picknickkorb und Wasserkocher zur Verfügung. Morgens bekommt man auf Wunsch beim Campingplatz ein Frühstücksbag mit allen Utensilien und kann vor dem Wagen in der Sitzgruppe oder im Wagen frühstücken. Man kann also fast die ganze Zeit drinnen bleiben. Die sanitären Anlagen des Zeltplatzes nebenan dürfen benutzt werden.

 

Sie haben ja gerade eine Art Einweihungsfest für den Therapiewagen gemacht. Wie waren da so die Reaktionen? Hatten die Besucher Angst vor den Bienen?

Melchger: Nein, kaum. Selbst Angsthasen fanden es gut, wie nahe man den Bienen kommen kann. Die interessieren sich nicht für Menschen. Zur Sicherheit haben wir eine Absperrung um den Einflugsbereich gezogen, sozusagen eine Art Vorgarten für die Bienen gebaut, damit Zusammenstöße vermieden werden. Wer sehr ängstlich ist, darf einen Imkerkittel anziehen und bei der Arbeit an den Bienen zuschauen. Das ist ein Angebot, bei dem die Hemmschwelle schnell sinkt.

 

Letzte Frage: was kostet das?

Melchger: Ich muss erst noch sagen, dass die Saison nur ungefähr von Mitte April bis Mitte September dauert. Das Übernachten kostet 48,- Euro, dazu kommen 20,- Euro für die Bienen, jeweils pro Tag und für 2 Personen.

 

Vielen Dank für die Informationen, das klingt sehr verlockend!

 

Fotos: Melchger

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