Bio-Imkerei: von Bienenwachs und Varroamilben

Bioimkerei, Detlev Biel
Detlev Biel, Bioimkerei

Detlev Biel von der Bioland-Imkerei bio-biene im Interview mit Ruth Auschra. Es geht zum Beispiel um die Besonderheiten des Wachskreislaufs im Rahmen der Bio-Imkerei und um die Frage, was Bienenzucht mit Varroamilben zu tun hat.

Herr Biel, warum sind Sie Bio-Imker geworden?

Biel: Ganz kurz gesagt: Ich lebe zwar auch in einer Maiswüste im Elbe-Weser-Land, aber ich habe kaum Völkerverluste. Und ich sehe die Bio-Imkerei als wichtige Gegenmaßnahme gegen das Bienensterben. Von der Standortwahl über den Wachskreislauf bis hin zum Futter gibt es einige Bereiche, wo wir Bio-Imker anders arbeiten. Wobei ich sagen muss, dass es auch unterschiedliche Standards von „Bio“ gibt. Es gibt zum Beispiel Imker, die ihre Bienen nicht mit Zuckerwasser, sondern mit Honig füttern. Das soll angeblich besonders natürlich sein.

 

Sie füttern keinen Honig, sondern Zucker zu?

Biel: Das muss ich erklären. Es gibt ja oft das Urteil, Imker wären irgendwie gemein, weil sie den armen Bienen ihren Honig wegnehmen. Ich sage es mal anders. Viele Honige können die Bienen im Winter gar nicht verdauen. Ein Rapshonig wird zu hart und die Bienen können im Winter nicht ausfliegen, um Wasser zu holen, mit dem sie dann den Honig essen können. In der Folge können sie auf ihrem Futter verhungern. Oder nehmen Sie Waldhonig, der enthält ja oft viel Melezitose. Davon bekommen die Bienen Durchfall und müssen in den Stock koten, da sie nicht ausfliegen können. Darum ist es gut, wenn der Imker diesen Honig aus dem Stock herausnimmt. Alles, was im Brutraum ist, bleibt drin, also etwa 4-5kg. Dazu kommen dann noch 20-25kg Biozucker, die zugefüttert werden. Der Biozucker hat den Vorteil, dass eine Belastung mit Pestiziden oder eine andere Verunreinigung ausgeschlossen ist.

 

Mussten Sie sich für das Bio-Imkern eigentlich umstellen? Es gibt ja viele Imker, die keine Bio-Zertifizierung haben, aber erzählen, dass sie eigentlich auch genau nach Bio-Richtlinien arbeiten.

Biel: Ja, gedacht hatte ich das früher auch, aber es hat sich doch einiges verändert von der konventionellen zur Bio-Imkerei. Umstellen musste ich mich zum Beispiel beim Wachsmanagement. Da liegt auch ein großer Unterschied zu jedem, der sagt, er mache doch auch bio. Unabhängige Kontrollstellen prüfen fortlaufend jede Maßnahme und die Qualität des Wachses. Der Imker braucht ja in jedem Jahr einige neue Mittelwände, die ein Volk ausbauen soll. Wir Bio-Imker benutzen nur unser eigenes auf Schadstoffe kontrolliertes Wachs und geben meistens nur kleine Anfangsstreifen, sodass die Bienen Naturbau betreiben können. Viele Imker nehmen größere Wachsplatten, weil das weniger Probleme beim Schleudern macht. Diese Mittelwände kauft man. Das Wachs am Markt ist aber leider belastet mit Rückständen von Mitteln gegen die Varroamilbe. Diese Rückstände sind fettlöslich und bleiben im Wachs. Wenn man die Mittelwände immer wieder einsetzt und die Milbenmittel immer wieder benutzt, dann hat das leider Folgen. Die Milben werden mit der Zeit resistent und der Behandlungserfolg wird immer schlechter. Bei Bioland haben wir uns deshalb für ein anderes Vorgehen entschieden, für einen eigenen Wachskreislauf nämlich. Bio-Mittelwände darf man in der Anfangszeit noch zukaufen. Ideal wäre Biolandwachs, das ist aber fast nie verfügbar. Notfalls kann man auch EG-Biowachs nehmen. Nach dieser Anfangszeit muss man als Bioland-Imker seinen eigenen Wachskreislauf aufbauen.

 

Was heißt das genau?

Biel: Bei Bioland setzen wir im eigenen Betrieb nur Wachs aus Jungfernbau der Drohnen und Entdeckelungswachs ein. Wachs aus alten Waben geht als EG-Bio-Wachs aus dem Betrieb raus. Somit ist garantiert, dass das Wachs nicht durch Pestizide belastet ist. Denn wir können den Bienenflug nicht beeinflussen und so könnte es passieren, dass die Bienen Pollen aus konventioneller Landwirtschaft mitbringen, ihn in den Waben einlagern und so Wachs verunreinigt wird. Beim Entdeckelungs- und Drohnenwachs kann dieses nicht passieren. Man darf also nur noch das Wachs einsetzen, das aus dem eigenen Betrieb kommt. Oder das Wachs aus Bioland-Betrieben. Man tauscht jedes Jahr seine Waben aus. Früher haben die Imker die Waben jahrelang im Volk gelassen. Dadurch sind die beim Schleudern auch nicht so leicht kaputt gegangen.

 

Äh, wieso?

Biel: Wenn in einer Wabe eine Biene schlüpft, lässt sie die Nymphenhäutchen in der Wabe zurück. So eine Wabe besteht dann nicht mehr nur aus Wachs, sondern aus immer mehr Materialien, die die Waben fester und dunkler machen. Leider kommen aber auch Bakterien und so weiter dazu, die sich hinter diesen abgelegten Häutchen vermehren. Das macht nicht bloß den Honig schlechter, besser gesagt unappetitlicher, sondern die Völker haben auch eine höhere Krankheitsbelastung. Die Varroamilbe ernährt sich ja von den Bienen, die in den Zellen heranwachsen. Beim Biss der Milbe entsteht eine Eintrittspforte für Bakterien. Wenn sich eine junge Biene also in einer alten Wabe mit vielen Bakterien entwickelt, wird sie nicht nur durch den Biss der Milbe belastet, sondern auch durch die bakterielle Belastung. Deshalb wechsle ich spätestens alle zwei Jahre jede Wabe. Das Wachs, das aus solchen Waben gewonnen wird, kommt bei uns nicht mehr in den Betrieb, das kommt weg. Grundsätzlich nehmen wir die dunklen alten Brutwaben aus dem Wachskreislauf. Da steckt ja auch Pollen drin, der ja auch aus der konventionellen Landwirtschaft kommt. Also kann er hoch belastet mit Fungiziden und Pestiziden sein. Wenn ich das Wachs einschmelze, enthält es diese Gifte auch. Deshalb nehmen wir nur das Entdeckelungswachs oder Drohnenwachs für den Wachskreislauf.

 

Drohnenwachs?

Biel: Die Varroamilben lieben die Drohnen, weil die zwei Tage länger für ihre Entwicklung brauchen. Deshalb haben sie bei ihnen mehr Chancen, sich festzusetzen und zu vermehren. Wenn die Drohnen verdeckelt sind, kann man sicher sein, dass viele Milben unter den Deckeln sind. Also haben wir bei Bioland uns überlegt, dass wir dieses Wachs einschmelzen. Wir sorgen natürlich dafür, dass noch genügend Drohnen vorhanden sind. Aber wir nehmen den Völkern den Druck durch die vielen Varroamilben. Und wir haben immer ganz frisches, unbelastetes Wachs, das wir im Betrieb wieder einsetzen. Das Wachs aus den alten Waben darf als so genanntes EG-Bio verkauft werden. Unser eigener Wachsverbrauch ist natürlich unheimlich hoch. Die Nachfrage nach Bioland-Wachs anderer Betriebe ist oft höher als das Angebot. Dann darf man auf Antrag bei den Kontrollbehörden EG-Bio-Wachs zukaufen. Dieses darf aber nur die Ausnahme sein.

 

Bedeutet dieser Zwang zur Wachsproduktion Stress für die Bienen?

Biel: Nein. Jede Biene hat in ihrem „Berufsleben“ verschiedene Aufgaben. Anfangs muss sie Zellen putzen, dann die Brut füttern. Später haben sich die Wachsdrüsen entwickelt, sodass die Tiere Wachs ausschwitzen können. Und das sollen sie dann auch tun! Das gehört zu ihrer Natur. Auch wenn man einen Schwarm in einem Kasten einfängt, stellt man fest, dass die Bienen an den Wänden innerhalb kürzester Zeit Wachs ansetzen. Auch die älteren Bienen, die das eigentlich schon verlernt haben. Wachsproduktion gehört zum Leben der Biene mit dazu. Auch Milben sind übrigens nichts Neues, sondern haben sich schon immer im Bienenstock bei der Brut eingenistet. Die Varroamilben haben wir uns 1976 aus Asien importiert, als Bienen aus Asien zum Kreuzen nach Europa gebracht wurden. In Asien hatten die dortigen Bienen einen etwas kürzeren Entwicklungszyklus als unsere Bienen. Dadurch konnten sich die Milben hier besser vermehren. In Asien lebten die Milben, ohne dass sie besonders aufgefallen wären. Sie richteten keinen größeren Schaden an, es war eher ein unschädliches Zusammenleben von Bienen und Milben. Erst hier, wo die Bienen länger brauchen, um sich zu entwickeln, konnte sich die Milbe so stark vermehren. Damit will ich sagen, wie wichtig die Bienensorte für die Varroa-Bekämpfung ist. Deshalb züchten wir ja auch.

 

Was für Bienen züchten Sie?

Biel: Da muss ich kurz ausholen. Der klassische deutsche Züchter, der von allen Imker-Vereinen unterstützt wird, hat Carnica-Bienen. Sie gelten zwar als deutsche Bienen, stammen ursprünglich aber aus Slowenien und Kärnten. Ob ein Tier gut oder schlecht für die Zucht ist, entscheidet sich bei der Carnica-Biene an der Honigleistung und an der Stellung der senkrechten und waagerechten Achsen der Flügel zueinander. Wir haben keine Carnica-Bienen, sondern Buckfast-Bienen. Diese Zucht geht zurück auf Bruder Adam, der in England im Kloster Buckfast für die Bienen zuständig war. Als dort die Bienen an der Schwarzsucht nahezu ausgestorben waren, kam er auf die Idee, Bienen aus verschiedenen Regionen zu kreuzen und somit möglichst viele verschieden nützliche Eigenschaften zu kombinieren. Letztlich wurde daraus die Buckfast-Biene gezüchtet, die zweite Bienenzuchtlinie in Deutschland, die wir auch haben. Bei der Zucht dieser Tiere geht es um bestimmte Eigenschaften. Zum Beispiel geht eine Linie unserer Buckfast-Bienen sofort aus der Brut, wenn der erste Frost kommt. Wir können uns darauf verlassen, dass wir etwa drei Wochen nach dem ersten Frost keine verdeckelte Brut mehr haben, Ende Oktober ist das meistens. Dann können wir abschließend die Bienen mit einer organischen Säure gegen die Varroamilben behandeln. Diese dabei angewendete Oxalsäure hinterlässt dabei keine Rückstände im Volk und schädigt die Bienen nicht. Andere Imker klagen, dass ihre Völker noch im Dezember brüten und sie so erst sehr spät eine Abschlussbehandlung gegen die Varroa machen können. Dann haben eine afrikanische Biene namens Saharensis eingekreuzt, die aktiv mit ihren Kauwerkzeugen gegen Milben vorgeht. Auch an solchen Aspekten kann man arbeiten, um Medikamente gegen Varroamilben einzusparen. Oder die aus Russland stammende Primorski-Biene: Bei ihr ist die Brutentwicklung vom Ei zum Schlupf etwa 36 Stunden schneller als bei den üblichen Bienen. Das heißt, bei ihr können die Milben sich weniger gut vermehren.

 

Letzte Frage: Lohnt sich die Bio-Imkerei auch finanziell?

Biel: Ja und nein. Natürlich kann man mit Bioland-Honig einen etwas höheren Preis nehmen, dafür sind aber auch die Kosten etwas höher. Andererseits wollen wir ja selbst, dass sich jeder unseren Honig leisten kann. Und wenn Sie sich den Markt anschauen, sehen, Sie, dass die Honigpreise seit Jahren steigen. Weltweit übersteigt die Nachfrage das Angebot, darum kommt es ja auch zu Betrügereien mit ausländischem Honig – besonders aus Asien und nicht EG-Ländern. Wenn ich nur an Manuka-Honig denke: Neuseeland produziert 3000t Manuka-Honig pro Jahr. Alleine in Deutschland werden jedes Jahr über 1000t Manuka-Honig gehandelt. Ich kenne keine Zahlen für das weltweite Handelsvolumen, aber ich bezweifle, dass wirklich so viel Manuka-Honig produziert werden kann wie verkauft wird. Da wird liegt der Verdacht nahe, dass gefälscht und gepanscht wird. Es ist auch kein Geheimnis, dass auf dem Weltmarkt Honig mit Zuckersirup gestreckt wird. Deshalb kann ich nur jedem raten, seinen Honig da zu kaufen, wo man einen Überblick hat, wer der Imker ist und woher der Honig stammt. Mit dem Kauf regionalen Honigs sichert man den Bestand der Imkerei und sorgt so durch die Bestäubungsleistung der Bienen vor Ort dafür, dass Bäume und Sträucher viele Früchte bilden, welche dann Nahrungsgrundlage für viele Tiere sind.

 

Das perfekte Schlusswort, danke für das Gespräch!

 

Foto: Detlev Biel ((c) privat)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*