Jakobskreuzkraut – Gift im Honig

Jakobskreuzkraut das Gift im Honig , Bild Korten, Foto privat

Bienen im Naturschutzgebiet – das klingt ideal, oder? Leider nicht, weiß Rainer Korten. Nicht nur in „seinem“ Naturschutzgebiet wuchert das Jakobskreuzkraut und sorgt dafür, dass der Honig Pyrrolizidinalkaloide (PA) enthält. Er berichtet Ruth Auschra von einer Imker-Initiative, die wachrütteln soll.

Herr Korten, wie sind Sie darauf gekommen, dass Jakobskreuzkraut ein Problem sein könnte?

Korten: Ein alter Jäger hat mich darauf hingewiesen. Er kannte das Naturschutzgebiet gut, in dem meine Bienen standen. Weil er wusste, dass zum Beispiel Rehe verenden, wenn sie zu viel Jakobskreuzkraut fressen, hat er mich darauf aufmerksam gemacht. Auch Vögel, Pferde und Rinder werden übrigens krank durch Jakobskreuzkraut. Er hat mich gefragt, wie das denn eigentlich mit dem Honig sei. Ob der nicht auch PA, also Pyrrolizidinalkaloide enthalten würde. Ich hatte bis dahin noch nichts davon gehört, aber ich wollte natürlich sicher sein, dass mein Honig nichts Schädliches enthält. Also habe ich ihn eingeschickt.

Und das Ergebnis?

Korten: In meinem Honig waren 10µg Pyrrolizidinalkaloide pro Kilo Honig, bei einem Kollegen 120µg.

Was heißt das? Ist das viel?

Korten: Schwierige Frage. Es gibt keinen Grenzwert für Pyrrolizidinalkaloide. Das Bundesinstitut für Risikobewertung fordert, dass die Gesamtbelastung des Verbrauchers so niedrig wie möglich gehalten werden muss. Jedes Mikrogramm ist also eigentlich zu viel.

Was bewirken Pyrrolizidinalkaloide?

Korten: Vom Prinzip her kann man sagen, sie schädigen die Leber und können Krebs verursachen. Aber dafür bin ich kein Fachmann. Für mich war wichtig, dass wir Imker einen Honig hergestellt und verkauft haben, der Pflanzengift enthält. Dieser Tatsache waren wir uns überhaupt nicht bewusst! Das will ich ändern, darum sind wir an die Öffentlichkeit gegangen. Langsam ist unsere „Interessengemeinschaft JakobskreuzkrautNaturschutz ohne Verlierer“ in Bewegung gekommen. In der Interessengemeinschaft sind nicht nur Imker organisiert, sondern es engagieren sich auch Pferde- und Rinderhalter, Vogelschützer und Jäger. Uns geht es darum, die Hintergründe aufzuarbeiten und zu erkennen. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Stiftung Naturschutz der zweitgrößte Landbesitzer in Schleswig-Holstein ist? Diese Stiftung bekommt Geld vom Land und bewirtschaftet Naturschutzgebiete. Leider haben die Verantwortlichen sich lange geweigert, gegen Jakobskreuzkraut vorzugehen. Inzwischen gibt es allerdings ein 10-Punkte-Programm. Unsere Initiative hat mit dazu geführt, dass ein „Kompetenzzentrum Jakobskreuzkraut“ von der Stiftung gegründet wurde.

Wie viele Imker sind denn eigentlich betroffen?

Korten: Schwer zu sagen. Letztes Jahr hat der Kreisveterinär 28 Sommerhonigproben vom Naturschutzgebiet Barkauer See und aus dem mittleren Ostholsteiner Raum untersuchen lassen, davon waren 24 belastet mit PA. Einige Werte waren absurd hoch, es wurden teilweise mehrere Hundert oder sogar 2700 µg gemessen! In dem Sommer war das Wetter nicht besonders gut, deshalb fanden die Bienen nur wenig andere Blüten. Wir waren also voller Sorge, aber dann passierte etwas völlig Unerwartetes: Das Umweltministerium Schleswig-Holstein brachte eine Pressemitteilung heraus. Angeblich waren aus einem landesweiten Untersuchungsprogramm von insgesamt 86 Honigproben nur zwei mit Pyrrolizidinalkaloiden belastet. Das stand da tatsächlich so – wir waren platt!

Wie lässt sich diese Differenz erklären?

Korten: Das Ministerium hat einen Richtwert – sagen wir mal – errechnet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte ja eine Bewertung oder Empfehlung vorgenommen. Die hieß ungefähr: Pyrrolizidinalkaloide sind schädlich, deshalb sollten Lebensmittel so wenig davon enthalten wie möglich. Anders das Umweltministerium in Schleswig-Holstein: Die rechneten so: Da das BfR empfiehlt, pro Tag nicht mehr als 0,007µg PA pro Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen, kann also ein 60kg schwerer Mensch täglich bis zu 0,42µg Pyrrolizidinalkaloide aufnehmen. Da außerdem der statistische Deutsche durchschnittlich 3g Honig pro Tag isst, ergibt sich ein empfohlener Maximalgehalt von 140µg Pyrrolizidinalkaloide pro kg Honig. Mit dieser Bewertung wurden die 44 Honige aus dem landesweiten Untersuchungsprogramm, die ebenfalls PA enthielten, als unproblematisch deklariert – und alles sieht dann gut aus.

Wer mehr Honig isst…

Oh.

Korten: Ja, genau, das habe ich auch gesagt. Das ist viel zu viel! Wir wollen keine hohen Grenzwerte, sondern wir wollen guten Honig herstellen. Dazu muss sich jemand um das Jakobskreuzkraut kümmern.

Wie sind Ihre Pläne?

Korten: Wir wollen eine Doktorarbeit mitfinanzieren, die sich mit Pyrrolizidinalkaloiden im Honig und den Auswirkungen des Giftes im Körper in Form einer Risikobewertung beschäftigt. Das machen wir gemeinsam mit Professor Dr. Manfred Gareis vom Lehrstuhl für Lebensmittelkunde der Ludwig-Maximilians-Universität München. Unser Anteil an der Studie wird etwa 10.000 Euro betragen, Geld, das die Interessengemeinschaft durch eine Spendensammlung aufbringen will. Auch das ist übrigens neu: ein Crowdfunding – also das Geldeinsammeln – für eine wissenschaftliche Studie.

Ist das Problem Jakobskreuzkraut eigentlich auf Schleswig-Holstein beschränkt?

Korten: Nein, überhaupt nicht. Die Pflanze ist in ganz Deutschland sehr verbreitet. Ich bekomme inzwischen Anrufe aus Bayern oder Baden-Württemberg. Aber niemand setzt sich richtig mit dem Problem auseinander, fürchte ich.

Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg!

 Foto: Rainer Korten mit Handschuhen, Rosenschere und Müllsack gegen das Jakobskreuzkraut im Umkreis seiner Bienenstände (Quelle: privat)

2 Kommentare

  1. Hallo,
    das Jakobskreuzkraut gehört in unsere einheimische Natur, im Gegensatz zu der Honigbiene, die ein gezüchtetes Haustier ist. Das Jakobskreuzkraut lässt sich nicht bekämpfen, ohne damit großen Schaden an der Natur anzurichten. Die Pflanze ist ein typischer Ruderalbesiedler von Böden ohne oder mit lückiger Vegetation, der für viele Wildbienen, wie den Sandbienen oder Furchenbienen, so wichtige Lebensraum. Will man das Jakobskreuzkraut bekämpfen, würde man vielen Wildbienen den Lebensraum und eine wichtige Futterpflanze klauen. Das nächste Problem ist, das Jakobskreuzkraut ist nur eine von unzähligen Arten die Pyrrolizidinalkaloide enthalten, dazu zählen fast alle Kreuzkräuter, aber auch viele andere Pflanzen, wie die bei den Honigbienen so beliebten Natternkopfarten. Das Problem der Honigbienen ist allgemein, dass sie in unserer völlig übernutzen Natur, eine unverhältnismäßig starke Konkurrenz zu den Wildbienen sind und im späten Sommer sogar regelmäßig für ein Massensterben unter Wildbienen, vor allen Hummeln sorgen. Da den Wildbienen von den hochorgansierten Honigbienen die Nahrung geklaut wird. Daran sind natürlich nicht die Honigbienen Schuld, sondern der Mensch, der seine Landschaft völlig überpflegt und kaum irgendwo noch Natur zulässt. Wer den Bienen wirklich helfen möchte und sein Hobby weiterhin mit ruhigen Gewissen ausüben möchte, sollte sich für eine Blüten- und Strukturreiche Landschaft einsetzen. Ein guter Anfang wäre ein naturnah gestalteter Garten mit einem großen Blütenangebot an regionalen Wildpflanzen. Wer seinen Honigbienen selbst ein reichhaltiges Nahrungsangebot bietet, braucht sich um Gift im Honig keine Sorgen machen und hilft auch noch der Natur, statt ihr mit dem aufstellen von Bienenvölkern in der Nähe von Naturschutzgebieten zu schaden.

    • Lieber Bernd, du meinst also, der Natur darf man nicht ins Handwerk pfuschen und überhaupt ist der Mensch selbst schuld? Schon recht, aber wenn jetzt anscheinend in Naturschutzgebieten leberschädlicher Honig produziert wird, dann sollte man das doch wenigstens informiert sein, oder? Ich finde die Infos auch und gerade für Imker wertvoll, damit sie überhaupt Bescheid wissen!

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