Nicht nur die Bienen sterben

Bienensterben und Umwelt, mit Herrn Klepper im Gespräch
Über Bienensterben und Umwelt, Herr Klepper im Gespräch mit Frau Auschra

Hermann Klepper ist pensionierter Lehrer und Imker. Er lebt in Banzau, einem kleinen Dorf im Wendland. Sein Leben unterscheidet sich von dem der meisten anderen Menschen. Der Grund dafür: er möchte die Natur bewahren – und zwar wirklich. Interview und Fotos von Ruth Auschra.

Hermann, du hast kein Auto, deine Möbel sehen nicht besonders neu oder trendig aus und dein Garten wirkt ziemlich verwunschen, um es höflich auszudrücken. Warum lebst du so?
Klepper: Ich lebe gerne einfach. Das ist etwas, was mir gut tut. In unserer Welt oder in unserer Wirtschaftsweise geht es ständig darum, mehr zu produzieren und mehr zu haben. Mehr – was ist das für ein Maßstab? Warum ist mehr besser? Ich brauche das nicht, im Gegenteil.

Wobei stört es dich denn, wenn mehr produziert wird?
Klepper: Es stört mich zum Beispiel, weil ich sehe, dass es den Bienen nicht gut tut. Die Biene ist für mich ein guter Indikator, der mir zeigt, wie es um unsere Natur bestellt ist. Ich muss meinen Bienen heute gegen die Varroa-Milbe mehr Medizin geben als früher. Das heißt, ihr Immunsystem ist schlechter geworden. In letzter Zeit sehe ich manchmal, dass aus Weiselzellen, die eigentlich Königinnen hervorbringen sollten, normale Bienen schlüpfen. Oder sehr kleine Königinnen. Die Kraft der Tiere nimmt ab, es geht ihnen nicht so gut.

Liegt das an den Pestiziden?
Klepper: Mit Sicherheit. Neueste Untersuchungen besagen, dass die Schwächung der Bienen zu circa 30 Prozent auf die Varroamilbe zurückzuführen ist. Der Rest, also etwa 70 Prozent, wird vor allem verursacht durch industrielle Landwirtschaft, Pestizide, Mineraldünger, Überdüngung und Monokulturen. Der Raps hier wird während der Blütezeit gegen den Rapskäfer gespritzt. Gut tut es den Tieren sicher nicht, wenn sie so viele belastete Pollen finden. Ich sehe auch, dass sie insgesamt immer weniger Nahrung finden. Erst kommt die Obstblüte, dann der Raps, danach wird es hier schon dünn. Es blüht einfach viel weniger als früher. Wenn das Stichwort ‚Artensterben’ fällt, dann geht es nicht nur um das Bienensterben. Auch viele Pflanzen sterben aus und als Folge hungern die Bienen. Lies mal die aktuellen Berichte dazu, das ist dramatisch, wie viele Pflanzen- und Tierarten aussterben.

Du merkst wirklich, dass Pflanzen aussterben?

Klepper: Natürlich! Ich brauche mir nur die Feldränder anzuschauen. Früher war da ein breiter Streifen mit vielen verschiedenen Pflanzen, Kornblumen und Klee zum Beispiel. Heute werden die Felder immer großer und die Feldränder immer schmaler. Und was wächst auf den Feldern? Endlos viel Raps, Weizen und Mais. Monokulturen, die gespritzt und bearbeitet werden, das heißt Überdüngung, dann der Umbruch von Grünland zu Ackerland und so weiter. Wenn wir gesunde Bienen wollen, brauchen wir echten ökologischen Landbau. Beides gehört zusammen.

Was bedeutet diese Situation für dich persönlich?

Klepper: Ich bin betroffen wegen der Haltung der Menschen zur Natur. Die Natur wird nur benutzt, es geht nur um wirtschaftlichen Erfolg, um Profit. Und das auf Kosten unserer Lebensgrundlagen. Viele hier verstehen nicht, dass ich auch die regenerierbaren Energien ablehne. Nicht grundsätzlich, aber jedenfalls in der Form, wie sie gerade geplant werden. Auch da geht es um immer mehr. Windparks, die nichts mit Landschaftsästhetik zu tun haben, Biogasanlagen, die eine Katastrophe für die Bienen sind.

Du setzt diesem Produzieren für Profit einen anderen Standpunkt entgegen.
Klepper: Ja, ich will einfach leben und wenig konsumieren. Schau dir doch mal an, was da hergestellt wird. Die Nahrungsmittel zum Beispiel. Das hat jetzt nichts mit Bienen zu tun, ist aber auch wichtig. Die Allergien nehmen zu, die Menschen werden krank, von dem, was sie essen. Man kann sich überhaupt nicht mehr unbelastet von Giften ernähren! Es wird nicht nur mehr produziert, sondern es werden auch die falschen Dinge hergestellt. Das stört mich, da versuche ich gegenzusteuern. Nicht nur durch meine Lebensform. Im Rahmen der Kulturellen Landpartie halte ich zum Beispiel Vorträge über wesensgemäße Bienenhaltung. Ich verkaufe Honig auf dem Markt und versuche, dabei mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Was würdest du dir von der berühmten guten Fee wünschen, wenn du drei Wünsche frei hättest?

Klepper: Ach, irgendetwas Sinnvolles. Dass die Lebensgrundlagen erhalten bleiben, das Wasser und die Artenvielfalt und dass die Natur relativ unversehrt bleibt, so weit es geht. Und ich würde mir wünschen, dass solche Themen in das Bewusstsein der Menschen gelangen würden. Eine Wertediskussion, die von den zunehmenden materiellen Verlockungen weg führt. Andere Werte, die in den Mittelpunkt gestellt werden, zum Beispiel der Mensch als soziales Wesen mit sozialen Strukturen. Ein sinnerfülltes Leben der Menschen als Teil der Natur, von der sie sich ernähren…

Womit wir wieder beim Thema ‚Bienen’ wären. Die meisten Menschen sehen sich nicht als Teil der Natur, von der sie sich ernähren.

Klepper: Das ist doch eigentlich völlig unglaublich. Da haben sich die Bienen über Millionen von Jahren entwickelt und jetzt, in den letzten 50 Jahren oder so, bekommen sie solchen Stress. Ich sehe Bienen gerne als Begleiter des Menschen an, die mehr Honig herstellen als sie selbst brauchen. Irgendeine unbewusste Verbindung zwischen Mensch und Biene gibt es meiner Überzeugung nach. Aber die Wirklichkeit ist voller Anzeichen dafür, dass wir nicht nur bei den Bienen ökologische Katastrophen schaffen. Ich fürchte, dass nicht nur die Bienen leiden werden.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*