Bienengift statt Antibiotika im Schweinestall?

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Bild Bigstock, Foto: Sven Hoppe - Bienengift als Alternative zu problematischen Antibiotika in der Tierzucht?

Wenn eine Sau ihre Ferkel auf die Welt gebracht hat, kann sie ihnen normalerweise sehr bald Milch geben. Für den Viehzüchter ist es ein echtes Problem, wenn die Sau ihren Wurf nicht säugen kann, weil die Milch fehlt oder die Menge nicht ausreicht. Tierärzte sprechen dann von einem postpartalen DysgalaktieSyndrom oder von MMA (Mastitis-Metritis-Agalaktie-Syndrom). Wenige Stunden nach dem Abferkeln zeigen betroffene Tiere Schwellungen und Verhärtungen von einer oder mehreren Milchdrüsen, außerdem ist die Milchproduktion unzureichend. Kranke Muttertiere lassen ihre Ferkel nicht an sich heran, weil ihr Gesäuge sehr schmerzempfindlich ist.

Antibiotika für die Sauen

Als Ursache wird eine aufsteigende Infektion angenommen, die in den Milchdrüsen zu einer Mastitis führt, einer Entzündung der Brustdrüse. Die Bakterien bilden Endotoxine, Gifte, die in die Blutbahn gelangen. Deshalb haben die kranken Tiere meistens auch Fieber und wirken angeschlagen. Üblicherweise bekommen die Sauen Antibiotika.

Die Ferkel brauchen Milch

Für die Landwirte ist diese Situation problematisch, weil die Ferkel versorgt werden müssen. Es wird empfohlen, sie sofort von dem Muttertier zu trennen und einer Amme unterzusetzen. Bei Milchmangel drohen ansonsten Ferkelverluste, da die Kleinen in den ersten Tagen nach der Geburt sehr anfällig sind.

Akupunktur im Schweinestall?

Bei menschlichen Brustdrüsenentzündungen gibt es gute Erfahrungen mit Akupunktur. Es lag also nahe, diesen Versuch auch bei Schweinen zu machen. Noch bessere Erfolge erhofften sich zwei koreanische Tierärzte von der so genannten Apipunktur. Bei dieser Methode wird Bienengift in Akupunkturpunkte gespritzt oder – wie in dieser Studie ([1]) – es werden lebendige Bienen zum Stechen in die Akupunkturpunkte animiert.

Ähnliche Ansätze gibt es zum Beispiel zur Apipunktur-Behandlung von Hunden mit Bandscheibenproblemen oder auch für Menschen mit Nackenschmerzen.

Studie mit Apipunktur

Es wurden also 42 Sauen mit Dysgalaktie-Syndrom in zwei Gruppen aufgeteilt und behandelt. Die Tiere der ersten Gruppe bekamen Apipunktur: Ihnen wurden Bienen auf zwei Akupunkturpunkte gedrückt und zum Stechen animiert. Diese Therapie wurde drei Tage lang einmal täglich durchgeführt. Die Tiere der Kontrollgruppe bekamen Injektionen mit Benzylpenicillin (Penicillin G). Alle Sauen wurden untersucht, um die Therapie beurteilen zu können. Ihre Körpertemperatur wurde gemessen und die Gesäuge begutachtet.

Bienengift so wirksam wie Antibiotika

In beiden Gruppen ging es den meisten Tieren bald wieder besser: 85,0% der Penicillin-Gruppe und 90,9% der Bienengift-Gruppe erholten sich. Das Bienengift wurde offenbar gut vertragen, jedenfalls zeigten sich keine Symptome von Infektion, Blutung oder Intoxikation. Die Tierärzte beobachteten, dass die mit Penicillin behandelten Tiere länger unter milchigem Ausfluss litten als die, die Bienengift bekommen hatten.

Zusammenfassend sehen die Wissenschaftler einige Vorteile der Apitherapie gegenüber der üblichen Behandlung. Die Behandlung dauerte nicht lange und die Besitzer akzeptierten das Vorgehen gut.

Bienengift – so die Schlussfolgerung der koreanischen Tiermediziner – besitzt eine antibakterielle Aktivität und ist wirksam bei der Kontrolle der Hypogalaktie bei Sauen.

Bienengift gegen Antibiotikaresistenzen

Vor dem Hintergrund der Problematik resistenter Keime sollte diese Studie aus dem Jahr 2001 heute eigentlich hoch interessant sein. Im Jahr 2014 wurden immerhin 1.238 Tonnen Antibiotika an Tierärzte in Deutschland abgegeben ([2]). Weniger als in den Vorjahren – trotzdem eine hohe Zahl.

Aus Anlass der ersten weltweiten Antibiotika-Woche vom 16.-22. November 2015 äußerte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt: „Gemeinsam müssen wir den Einsatz von Antibiotika auf das therapeutisch notwendige Maß begrenzen“ – diese Studie spricht dafür, dass Bienengift dabei helfen könnte.

 

[1] Choi SH, Kang SS: Therapeutic effect of bee venom in sows with hypogalactia syndrome postpartum. J.Vet.Sci. (2001), G2(2), 121–124.

[2] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Antibiotika in der Landwirtschaft. http://www.bmel.de/DE/Tier/Tiergesundheit/Tierarzneimittel/_texte/Antibiotika-Dossier.html?notFirst=true&docId=6529268

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