Interview mit Rechtsanwalt Christoph Cornelius Paul

Juristische Probleme Apitherapie
Wenn der Imker Bienenstockluft anbietet...Interview mit Christoph Cornelius Paul (www.paul-partner.eu) Rechtsanwalt und Imker, Bild Christoph-Cornelius-Paul, Foto Auschra

Rechtsanwalt Christoph Cornelius Paul zu juristischen Problemen mit Apitherapie

Christoph Cornelius Paul  ist Rechtsanwalt und Imker. Er kennt deshalb sowohl die Anwendungsmöglichkeiten der Bienenprodukte als auch die juristischen Probleme, die sich daraus ergeben können. Im Gespräch mit Ruth Auschra erklärt er, worauf man als Imker achten muss.

Herr Paul, Sie sind Imker. Würden Sie sich auch als Apitherapeut bezeichnen?

Paul: Nein. Ich würde mich bezeichnen als jemand, der an Apitherapie interessiert ist. Und ich weiß, welche Bienenprodukte positiv auf mich persönlich wirken. Mehr würde ich mir nicht zutrauen.

Andere Imker arbeiten sich da tiefer ein und werden sogar Heilpraktiker.

Paul: ‚Heilpraktiker’ ist ein wichtiges Stichwort. Man muss hier erklären, dass alle Heilverfahren an eine Erlaubnispflicht gebunden sind. Wenn jemand es anbietet und sorgsam damit umgeht, kann es eine echte Bereicherung sein. Ich selbst bin ein großer Freund von Hausmitteln und Naturheilverfahren und finde es gut, wenn Menschen für sich passende Mittel finden. Wenn die Apitherapie so ein Verfahren ist, finde ich das gut. Wenn es ihnen gut tut: toll!

Sie hatten die Erlaubnispflicht angesprochen. Wie sieht die Sache aus, wenn der Imker weder Arzt noch Heilpraktiker ist?

Paul: Dann kann er keine Apitherapie anbieten, er kann sie höchstens empfehlen. Und er muss sorgsamst darauf achten, dass er darauf hinweist, dass er nicht befugt ist, apitherapeutisch zu arbeiten. Er sollte darauf hinweisen, dass er nur von seinen eigenen persönlichen Erfahrungen spricht. Bei allem, was er vermittelt, sollte er immer auf die Notwendigkeit hinweisen, eine fachkundige Beratung einzuholen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde es völlig in Ordnung, wenn Imker Apitherapie gut finden und Produkte dafür haben. Pollen oder Propolis zum Beispiel. Aber eine therapeutische Anwendung oder Diagnose kann nur durch einen Arzt oder Heilpraktiker erfolgen. Ich habe vorhin noch kurz ins Internet geschaut und bin ehrlich gesagt ein bisschen seekrank geworden bei einigen Imker-Seiten, die ich gelesen habe. Ich finde es doch sehr bedenklich, wenn über therapeutische Anwendungen geworben wird, ohne dass über die nötige Fachkunde verfügt wird.

Konkret heißt das: Ein Imker sollte nicht Asthmatiker oder Menschen mit chronischen Wunden einladen, bei ihm Bienenstockluft oder Honiganwendungen zu erhalten?

Paul: Ja. Ganz klar ja. Das sollte er nicht tun. Honig und Pollen essen, das kann zwar auch zu Unverträglichkeiten führen, aber das Risiko besteht bei anderen Lebensmitteln auch. Sobald es aber um Erkrankungen geht, geht es nicht mehr um ein Lebensmittel, sondern um ein Heilsversprechen. Mit den genannten Angeboten sagt man aus, dass es ein Mittel gibt, das man nutzt – und danach wird es dem Kranken besser gehen. Ob das wissenschaftlich erwiesen ist oder nicht, muss so eine Behandlung in den Händen von jemandem liegen, der sich mit den Risiken auskennt. Bei Atemwegserkrankungen Stockluft anzuwenden, das kann ich mir gut vorstellen. Aber vorstellen kann ich mir auch, dass jemand darauf anders reagiert. Dann muss ein Fachmann in der Nähe sein, der damit umgehen kann. Bei einer Applikation von Bienengift zum Beispiel ist das völlig klar.

Was kann dem Imker passieren, wenn er zum Beispiel dem asthmatischen Kind Bienenstockluft gibt und sich der Zustand verschlechtert? Oder wenn die Wunde mit Honig nicht besser, sondern schlimmer wird?

Paul: Die staatlichen Regulatorien funktionieren auf zwei Ebenen. Zum einen ist es ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz, wonach Heilbehandlungen nur von Ärzten oder Heilpraktikern vorgenommen werden dürfen. Da gibt es ein Bußgeld oder eine Geldstrafe. Das zweite Regulatorium ist der Schadenersatz, also Schmerzensgeld für das Kind. Ich habe – ganz deutlich gesagt – nicht die geringsten Zweifel, dass diese Maßnahmen in so einem Fall zum Tragen kommen würden. Ich würde jedem Imker herzlich davon abraten. Warum macht er das überhaupt?

Ich glaube, das ist das Bedürfnis anderen zu helfen, nachdem man selbst gute Erfahrungen damit gemacht hat.

Paul: Ja. Aber nehmen Sie doch mal das Beispiel Propolis. Das ist bei uns nicht als Arzneimittel zugelassen. Dafür gibt es auch Gründe. Egal, wie gut Propolis wirkt, es hat keine eindeutig immer gleiche Zusammensetzung. Es verändert sich je nach Region oder Jahreszeit. Kann ich dann sagen, dass Propolis allgemein eine bestimmte Wirkung hat? Da wären Imker wohl gut beraten, wenn sie den Respekt vor den Zulassungsverfahren haben. Ich weiß, dass das oft ärgerlich ist. Aber es gibt andererseits eine Sorgfalt, was Arzneimittel angeht, auf die man sich ja verlassen möchte – das finde ich grundsätzlich gut.

Bei der Bienenstockluft ist es ja oft so, dass Imker ihren Kunden einfach den Kauf von Luft anbieten. Das ist dann ja kein Heilungsversprechen, oder?

Paul: Ich habe da meine Zweifel. Warum wird die Stockluft verkauft? Doch nicht deshalb, weil sie so gut riecht. Sie wird verkauft, weil man letztendlich weiß, dass der Käufer sich etwas zur Heilung wünscht. Vielleicht sollte der Imker beim Verkauf doch darauf hinweisen, dass der Käufer sich bei einem Heilpraktiker oder Arzt beraten lassen sollte. Jemand, der etwas in den Verkehr bringt, erschafft damit die Illusion, dass man es risikofrei anwenden kann. Das kann man nach meiner Einschätzung nicht. Aber wenn man auf die Notwendigkeit einer sachkundigen Beratung hinweist, ist der Verkauf in Ordnung. Mehr muss der Imker meiner Ansicht nach nicht machen.

Kann man das grundsätzlich so zusammenfassen?

Paul: Ja. Wenn ein Imker sagt, dass er bestimmte Produkte hat und dass diese Produkte auf Grundlage eines Erfahrungsschatzes auch eine gewisse Heilwirkung haben, dann finde ich das erst einmal sehr schön. Immer vorausgesetzt, er wendet sie nur bei sich an. Verkauft er sie an jemanden, dann sollte er den Kunden darauf hinweisen, dass dieser sich vor der Anwendung bei einem Arzt oder Heilpraktiker beraten lassen sollte. Das könnte man sogar auf die Rückseite der Produktpackung schreiben. So ähnlich wie man es aus der Werbung kennt: „Bei Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – um etwas anderes geht es gar nicht. Und ich finde es grundsätzlich gut, wenn man nicht zu viel verspricht!

Foto: Christoph Cornelius Paul ist Rechtsanwalt und Imker (Foto: Auschra)

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