Wilder Garten contra Bienensterben

Bienen brauchen Wasser
Bild: Marion Dunker

Marion Dunker hat einen Garten. Das ist eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber dieser Garten ist auf die Bedürfnisse der Bienen eingestellt, wie sie Ruth Auschra erzählt.

Ihr Garten ist nicht leblos, schreiben Sie auf Ihrer Homepage.

Dunker: Ja, er sieht nicht so ordentlich aus wie eine zweite Wohnfläche. Bei mir im Garten dürfen sich auch Löwenzahn oder Gänseblümchen und andere Wildkräuter entfalten. Das ist anfangs gewöhnungsbedürftig und die Nachbarn ziehen manchmal eine Augenbraue hoch, aber inzwischen haben es alle verstanden, glaube ich.

 

Was verstanden?

Dunker: Dass Bienen wichtig sind, dass Bienen Blühpflanzen brauchen und Wildkräuter. Meine Nachbarn bekommen immer ein Glas Honig von der ersten Schleuderung im Jahr. Seitdem sind alle happy.

 

Hatten Sie zuerst den Garten oder zuerst die Bienen?

Dunker: Der Garten war zuerst da, danach kamen die Bienenstöcke. Anfangs hatte ich vor allem Kräuter im Garten, ich bin so eine verkappte Kräuterhexe. Ich habe also Heilpflanzen angebaut und mir eine richtige kleine Hausapotheke aufgebaut, mit viel Kräutertee, also zum Beispiel Salbei gegen Erkältungen. Die Bienen kamen dann durch Zufall dazu über einen alten Onkel, der Imker war. Ich habe ihn besucht, zum ersten Mal ein Bienenvolk gesehen und war fasziniert. So fing das an, das ist jetzt 15 Jahre her. Inzwischen bin ich eingefleischte Imkerin mit Schleuder, Edelstahlkübeln und anderen Paraphernalien – ein ziemlich kostspieliges Hobby, muss ich sagen. Alle Zubehörteile, die man so braucht, werden von kleinen Firmen hergestellt. Es ist keine Massenproduktion, sondern viel Handarbeit. Deshalb sind die Kosten leider so hoch. Andererseits sind die Hobbyimker wichtig. Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, gibt es in Deutschland mehr als 90.000 Imker, aber nur 1 Prozent davon sind Berufsimker. Die Freizeit-Imker sind also notwendig für das Überleben der Bienen!

 

Wie erleben Sie das Bienensterben?

Dunker: Ich höre, dass viele Imker in diesem Winter eine Sterblichkeitsrate von 30 Prozent haben. Vor rund 10 Jahren waren das vielleicht 10 Prozent! Das sind durchschnittliche Zahlen. Manche Imker haben angeblich keine Ausfälle, bei anderen sieht es schlimm aus. Ich kenne einen großen Imker, der 200 Völker eingewintert hat und jetzt sind noch 40 da. Ihm sind 160 Völker gestorben! Oder ein Hobbyimker, der sechs Völker hatte und kein einziges hat überlebt.

 

Vielleicht haben die Imker auch Fehler gemacht?

Dunker: Natürlich ist das immer möglich. Aber es wäre schon merkwürdig, wenn Imker, die seit Jahrzehnten mit Bienen arbeiten, plötzlich alle gleichzeitig anfangen Fehler zu machen, oder? Wir wenden die gleichen Methoden an wie früher. Die Bienen haben sich nicht verändert, ihre Bedürfnisse sind gleich geblieben. Aber die Verhältnisse haben sich verschlechtert, die Umwelt. Klimaveränderung, neue Spritzmittel, Monokulturen, global verschleppte Parasiten, Krankheiten – es ist nicht nur ein Faktor, der das Bienensterben hervorruft. Das sind die Gründe, warum ich mich im Umweltschutz engagiere und auch schon mal zu einer Demonstration nach Berlin fahre. Es ist so vieles fragwürdig. Kennen Sie zum Beispiel die Bienengefährdungsstufen, nach denen Pflanzenschutzmittel eingestuft werden? B4 bedeutet „für Bienen ungefährlich“. Und ein Mittel bekommt B4, wenn von 100 ausgeflogenen Bienen 51 lebendig zurückkommen. Das nennt man ungefährlich! In Wirklichkeit tragen die Tiere, die lebendig zurückkommen, giftigen Pollen oder Nektar in den Bienenstock. Die jungen Bienenlarven werden dann mit Gift gefüttert. Sie kommen vorbelastet auf die Welt, sind geschwächt und sterben früh. Von wegen ungefährlich! Interessant ist hierbei noch ein Fakt: Wenn man zwei sogenannte B4-Mittel miteinander vermischt, z.B. ein Insektizid und ein Fungizid, entsteht daraus ein B2 = bienengefährlicher Gift-Cocktail. Derartige Cocktails in einem Spritzdurchgang spart Zeit und Geld…

 

Ich gehe mal davon aus, dass Sie in Ihrem Garten nicht spritzen.

Dunker: Natürlich nicht. Aber das reicht nicht. Die Bienen kann man nicht dirigieren, sie fliegen dahin, wo sie Blüten finden in einem Radius bis zu 4 km (das ist eine Fläche von rund 50 km²). Bienen sind blütentreu. Das heißt, die Biene ist fixiert auf eine bestimmte Blüte. Ich habe zum Beispiel viel Lavendel im Garten. Und je mehr ich davon habe, desto mehr Bienen gehen nur auf Lavendelblüten. Sie wechseln nicht hin und her zwischen Lavendel und anderen Blüten, also wird Lavendel von denselben Bienen immer wieder angeflogen, bis er abgeblüht ist. Erst dann sucht die Biene neue Blüten. Hat sie eine neue üppige Blütenquelle gefunden, teilt sie ihren Stockgenossinnen mit, wohin diese fliegen müssen. Je mehr Sammlerinnen dann für diese neuen Blüten werben, desto stärker wird sie dann auch beflogen.

 

Das heißt, es macht gar keinen Sinn, in einem Garten möglichst viele verschiedene Blumen für die Bienen anzupflanzen?

Dunker: Man sollte lieber 1000 gleiche Bienenpflanzen haben als 1000 verschiedene. Lieber klotzen, nicht kleckern! Und man sollte sich

Bild: Marion Dunker
Bunte Vielfalt im Garten, eine Oase für Bienen Bild: Marion Dunker

 

anschauen, was wann blüht. Wenn man zum Beispiel eine Massentracht wie Raps neben dem eigenen Garten hat, dann werden die Bienen immer auf den Raps gehen und nicht auf den gleichzeitig blühenden Kirschbaum oder so. Der Raps setzt sich durch. Aber wenn der abgeblüht ist, vielleicht brauchen die Bienen genau dann eine Blüte? Man muss kontinuierlich etwas anbieten. Mohn, Kräuter, Sonnenblumen – möglichst massenhaft. Nicht nur einen Kräutertopf und eine Sonnenblume, sondern vielleicht ein ganzes Beet voller Rosmarin und ganz viele Sonnenblumen.

 

Welche Pflanzen finden Sie als Bienenweide besonders geeignet?

Dunker: Da gibt es so viel! Im Frühling bieten Weide, Haselnuss, Krokusse, Schneeglöckchen, Maiglöckchen aber auch Obstblüten und Löwenzahn das erste Bienenbrot. Und im Sommer folgen dann z. B. Lindenblüten, Sommerflieder, Goldrute, Lavendel und Sonnenblumen. Sogar noch im Herbst werden Astern und Efeublüten beflogen. Ungeeignet ist zum Beispiel der Rotklee. Der hat so lange Röhrenblüten, in die kommen die Bienen mit ihrer Zunge bzw. Rüssel schlecht hinein. Hummeln gehen an Rotklee, Bienen weniger. Andererseits lernen Bienen. Die Akelei zum Beispiel hat auch sehr langgebogene Blütenkelche mit so einem Höcker drauf, in dem sich der Nektar befindet. Eigentlich kommt die Biene da nicht dran. Aber ich konnte beobachten, dass die Bienen von oben kleine Löcher in die Höcker gebissen haben, um an den Nektar zu kommen. Bienen brauchen übrigens auch Wasser, wussten Sie das?

 

Nein…

Dunker: Darum habe ich in meinem Garten zwei Teiche. Es ist wichtig, dass man den Bienen Landeflächen schafft. Ideal ist eine Moosfläche, die schön feucht ist, aber eben nicht nass. Auf dem Moosrand dieser Teiche sitzen manchmal Tausende Bienen und sammeln Wasser auf. Auch auf nassem Gras können sie gut landen. Alternativen sind schwimmende Landeflächen aus Korken oder Styroporflocken, die z. B. in einem großen Mörtelkübel die Wasseroberfläche bedecken. Wenn meine Bienen hier kein sauberes Wasser finden, würden sie die Pfützen an Feldern aufsuchen. Dort besteht leider die Gefahr, dass Spritzmittel oder Dünger vom Regen abgewaschen werden und sich in den Pfützen sammeln. Eine erwachsene Biene überlebt das vielleicht. Aber wenn dieses Gift an die Brut verfüttert wird, kommt es zu einer schleichenden Vergiftung.

 

Ich wusste gar nicht, dass Bienen Wasser trinken.

Dunker: Sie benötigen das Wasser zum Beispiel, um die zähflüssigen Honigvorräte zu verdünnen. Im Sommer, wenn es im Bienenstock sehr heiß werden kann, benutzen sie es auch zur Kühlung. Sie versprühen Wasser im Bienenkorb und nutzen die Verdunstungskälte.

 

Sie wissen viel über Bienen.

Dunker: Ja, man macht so seine Erfahrungen, beobachtet und lernt. Wenn ich die vielen jungen Leute sehe, die im Augenblick Imker werden, dann erfüllt mich das einerseits mit Freude. Imkern ist ein sehr schönes Hobby. Es freut mich, weil die Biene dadurch die Chance hat, nicht nur von großen Imkern abhängig zu sein. Junge Hobbyimker können anders mit den Bienen umgehen als große Erwerbsimker. Aber gleichzeitig habe ich die Sorge, ob die jungen Leute sich die Zeit nehmen, genug über die Bienen zu lernen. Man braucht vier bis fünf Jahre, bis man die Biene einigermaßen versteht. Es wäre fatal, wenn junge Imker die Lust verlieren und die Bienen sich selbst überlassen. Auf diese Weise würden nicht nur die verwaisten Völker ganz sicher irgendwann verenden, sondern es könnten sich auch hochansteckende Seuchen entwickeln, die sich auf andere Bienenvölker in der Umgebung übertragen. Man hat Verantwortung als Imker, verstehen Sie?

 

Ja, ich verstehe. Danke dafür!

 

Fotos: Marion Dunker

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